Wir stehen auf der weitläufigen Terrasse. Links von uns klettert wilder Wein die Hausmauer hinauf. Der Herbst hat seine Blätter leuchtend dunkelrot gefärbt. Daneben wächst ein Rosenstrauch mit vielen kleinen rosa Blüten, dessen Duft uns sanft umweht, wenn wir daran vorbei gehen. Rechts von uns erstrecken sich scheinbar endlos die Hügel der Südsteiermark bis zum Horizont – und vielleicht noch darüber hinaus. Weingärten wohin das Auge reicht. Dazwischen grasen ein paar Schafe, wie kleine weiße Wölkchen. Nur dass der Himmel in ihrem Fall eine Wiese aus saftigem Gras ist. Etwas abgelegen vom Trubel der Weinstraße liegt das Weingut Tinnauer und macht somit dem Slogan „Leben in den Reben“ alle Ehre. Nach unserer ersten kulinarischen Station in Kitzeck ging es auf unserer „In 18 Brettljausn durch die Südsteiermark“ Tour nach Gamlitz. Genauer gesagt auf den Labitschberg.
Essen und Trinken
Wenn man die Speisekarte durchblättert fällt auf, dass es sowohl traditionelle als auch modern angehauchte Speisen gibt. Auf insgesamt 8 Seiten finden sich typische Buschenschankgerichte wie Brettljause, Würste, Brüstl, Geselchtes, Brot und Aufstriche aber auch Spezialitäten vom Wild, Almochsen oder Schaf. Neben einer großen Auswahl an Salaten und sauren Gerichten entdeckte ich dort auch den pikanten Steiraknödl (€ 4,50), der danach sofort auf meinem Teller gelandet ist. Es handelt sich dabei um einen warmen Germknödel gefüllt mit Kürbiskern-Pesto, der auf Blattsalaten angerichtet wurde. Der Knödel war ein Traum, ich habe bei einem Buschenschank selten so etwas leckeres gegessen – da hat einfach in der Kombination alles gestimmt. Das warme Pesto, der knackige Salat mit Kürbiskernöl und auch die Größe der Portion.
Meine Schwester hat sich für den Käseteller (€ 8,50) entschieden. Er enthielt mehrere Sorten Weich- und Hartkäse sowie Weingartenpfirsiche, Feigen und Weintrauben. Dazu gab es ein selbst gemachtes Chutney, das hervorragend zum Käse gepasst hat.
Für den Freund meiner Schwester – und einzigen Fleischesser in der Runde – gab es eine Spezialitätenplatte (€ 9,20), die diverse Fleischsorten vom Schwein, Rind , Schaf und Hirsch enthielt. Nachdem unsere Fahrt zum Buschenschank leider ungeplanterweise um einiges länger gedauert hat als geplant, hättet ihr sein glückliches Gesicht sehen sollen, als der Teller vor ihm hingestellt wurde. Wer sagt, man könne Männer nicht mit Kleinigkeiten glücklich machen, der hat noch nie einen dabei beobachtet, wie er mit einem Lächeln auf den Lippen einen Teller voll Fleisch verzehrt.
Als Beilage aßen wir gemeinsam noch einen Käferbohnensalat mit Rettich und Kürbiskernöl (€ 4,20), bei dem der Rettich auf eine wirklich interessante Art drapiert und angerichtet war. Zu allen Gerichten wird hausgemachtes Bauernbrot serviert, von dem man für € 0,80 pro Person so viel essen kann wie man möchte.
Zu trinken bestellten wir uns einen Muskateller (€ 2,20 pro 1/8) sowie Holunderblüten- und Zitronenmelissensaft (€ 1,20 pro 1/4). Die Säfte schmeckten wirklich sehr frisch und natürlich. Zitronenmelissensaft liebe ich ja sowieso und ich ärgere mich, dass ich dieses Jahr keinen selbst gemacht habe.
Selbstverständlich durfte ein Dessert nicht fehlen, obwohl es ziemlich schwierig war, nach all der leckeren Dinge noch etwas zu schaffen. Aber meine Schwester und ich haben den berühmten „Nachspeisen-Magen“ in den immer noch ein kleines Stück Kuchen passt, wenn es welchen gibt. Deshalb bestellten wir zu dritt eine hausgemachte Buchtel mit Marmeladefüllung (€ 2,20) und einen Dinkel-Schokoladekuchen mit Schlagobers und Fruchtmark (€ 3,20), der einfach nur unglaublich lecker und noch warm war.
Das Ambiente
Meine Bilder sind diesmal leider etwas gelbstichig geworden, ich hatte keine optimalen Lichtverhältnisse. Wir saßen in der Nähe der Bar und da sich das Wetter an diesem Tag alles andere als von seiner besten Seite zeigte, war es recht dunkel. Wir waren übrigens froh, dass wir diesen Tisch ergattern konnten, denn alles war bis auf den letzten Platz besetzt und im großen, hellen Saal fanden wir leider keinen Platz mehr. Wäre das Wetter besser gewesen, hätte man auf der großen Terrasse sitzen und die Aussicht bewundern können, die vor allem jetzt im Herbst wirklich traumhaft ist. Es empfiehlt sich daher gerade jetzt um die Zeit unbedingt vorab einen Tisch zu reservieren, sonst muss man leider umkehren, wie einige Gäste, die nicht so großes Glück wie wir hatten.
Trotz des vollen Hauses war die Stimmung nicht angespannt, niemand rannte gestresst umher und man nahm sich sogar die Zeit, ein bisschen mit uns zu plaudern. Ich fand unsere Ecke sehr gemütlich und auch wenn ich jetzt nach etwas suche, das ich kritisieren könnte, mir will partout nichts einfallen. Außer dem Wetter vielleicht, aber dafür kann ja niemand etwas. Wer also in Gamlitz zu einem Buschenschank gehen möchte, das Weingut Tinnauer ist meiner Meinung nach immer eine gute Wahl. Zu Fuß von Gamlitz aus ist es allerdings ein kleines Stück (gut 5 km), da der Labitschberg etwas außerhalb liegt, aber zum Wandern ist die Gegend wunderschön und die Wanderwege führen auch direkt am Weingut vorbei.
Nett fand ich es auch, dass man draußen auf der Terrasse eine große „Trinkstation“ für Hunde aufgebaut hatte und auch mit in den Gastraum darf man seinen Vierbeiner nehmen. Wer übrigens Lust auf ein Picknick im Weingarten hat, kann sich einen Picknickkorb mit Spezialitäten des Hauses wie Speck, Würstl, Käse, Mehlspeisen und einer Flasche Wein packen lassen. Eine flauschige Decke, Gläser und Besteck sind auch dabei. Ebenfalls wie einige Insider-Tipps für die schönsten Picknick-Plätze rund um den Labitschberg.
Und wer es eleganter möchte, der kann gegen Vorbestellung ein 4- oder 6-gängigen Weindegustationsmenü genießen. Neben Spezialitäten aus der Buschenschank-Küche gibt es dazu auch jeweils das passende Glas Wein. € 25,– für 4 Gänge bzw. € 35,– für 6 Gänge finde ich preislich wirklich sehr in Ordnung.
Preisniveau und Publikum
Die Preise finde ich für die Qualität und die Menge auf jeden Fall gerechtfertigt. Beim Buschenschank Tinnauer am Labitschberg in Gamlitz trifft sich alles, was sie auf und rund um die Südsteirische Weinstraße tummelt. Gäste aus Deutschland, der Schweiz oder Slowenien, Besucher aus der Nachbarschaft, Wanderer und Spaziergänger. Auch Geburtstagsfeiern oder Familientreffen finden dort statt. Wir mussten trotz Full-House nicht übertrieben lange auf unser Essen warten. Übernachten kann man übrigens auch. Die Nacht inkl. Frühstücksbuffet gibt es ab € 42,–.
Meine Bewertungskennzahlen
- Entfernung von Graz: 51,2 km / 43 Minuten [1]
- Entfernung von Leibnitz: 8,1 km / 14 Minuten [2]
- Brettljausen-Index: 6 Euro [3]
- Instagram Faktor: 0,4 Mbps up im vorhandenen kostenlosen WLAN. [4]
- Kren-Schärfe-Faktor: ♥ ♥ ♥ ♥ ♥ [5]
- Aus eigenem Stall und Garten: Alle Speisen werden am Weingut selbst erzeugt oder veredelt. Bezugsquellen für Fleisch, Käse, Fisch, Gemüse, Kernöl etc. werden angegeben und sind allesamt regional. [6]
Ein paar Worte zu den Kennzahlen:
[1] Strecke berechnet ab Don Bosco, Graz.
[2] Strecke berechnet ab Hauptplatz Leibnitz.
[3] Kosten für eine Brettljause. Index für das Preisniveau des Buschenschanks, dient als Vergleichskennzahl.
[4] Das mobile Internet ist an manchen Orten in der Südsteiermark relativ (sehr, sehr) langsam. Deshalb mache ich bei jedem Buschenschank einen Speedtest und gebe die Uploadgeschwindigkeit an. Damit man weiß, ob es mit den Essensbildern auf Instagram auch klappt.
[5] Scharfer Kren bedeutet frischer Kren. (Kren = Meerrettich)
[6] Buschenschenken sind nicht selten auch Selbstvermarkter, mit Tieren im Stall und Gemüse im Garten. Manchmal wird viel zugekauft, manchmal findet man fast alles vor Ort, das Brot wird selbst gebacken, die Zutaten für den Salat wachsen im eigenen Garten. Je mehr selbst angepflanzt wird, desto regionaler sind die Zutaten und je kürzer ist ihr Weg auf den Teller.
Weingut & Buschenschank Tinnauer
Labitschberg 42, 8462 Gamlitz
Telefon: 03453 2391 | E-Mail: info@tinnauer.com
Öffnungszeiten:
Freitag – Dienstag ab 10 Uhr, Donnerstag ab 17 Uhr
Küche bis 21.30 Uhr, Mittwoch Ruhetag
Tischreservierungen von Vorteil.
Wiedermal ein gelungener Beitrag, ich hab jetzt richtig Lust auf Buschenschank!
Ein Insidertipp, besonders für Vegetarier/VeganerInnen: Ab an die Südsteirische Weinstraße!
Bei den „Gmias di“ Betrieben, wie z.B. dem Buschenschank Firmenich -Steinberghof (Berghausen) und beim Polz Buschenschank (Spielfeld) gibt’s nämlich hervorragende vegetarische/vegane Spezialitäten… Ein paar Eindrücke: http://www.suedsteirischeweinstrasse.at/blog/?p=1301
Freu mich schon auf deine nächsten (vielleicht veganen?) Brettljausn!
Vegan steht ganz oben auf meiner Liste. Habe mir schon ein paar Buschenschenken raus geschrieben und deine Tipps kommen auch noch gleich dazu, danke!!
Hört sich gut an 🙂