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Selbständigkeit: 5 erste Male

Selbständigkeit: 5 erste Male

Das erste Mal. Egal worum es geht, wenn man etwas zum ersten Mal macht, schwingt immer Unsicherheit mit. Manchmal mehr, manchmal weniger. Aber immer macht man es mit einem mulmigen Gefühl. Zumindest ging es mir am Anfang meiner Selbständigkeit oft so. Mache ich das richtig? Bin ich professionell genug? Nimmt man mich ernst? Meistens tüftelt man ewig und wenn man dann endlich fertig ist, ist man unsicherer als zuvor. Nachdem meine Tipps für die Selbständigkeit im Oktober so gut angekommen sind und sich viele mehr zu diesem Thema gewünscht haben, erzähle ich heute von meinen 5 ersten Malen in der Selbständigkeit.

 

Selbständigkeit: Das erste Mal ein Angebot schreiben

Ich weiß noch genau, mein erstes Angebot musste ich für Leistungen im Bereich Corporate Design an ein Transportunternehmen stellen. Schon alleine für die Angebotsvorlage habe ich ewig gebraucht. Ich wollte das unbedingt so schön wie möglich gestalten. Der erste Eindruck zählt, dachte ich mir damals. Schließlich hatte ich mit dem zuständigen Herrn nur einmal telefoniert. Ich kannte zwar die branchenüblichen Preise, aber ich tat mir unglaublich schwer, eine Zahl hinzuschreiben. Ständig tippte ich Zahlen ein und löschte sie wieder. Kann ich so teuer sein? Ist das vielleicht nicht doch zu billig? Nimmt man mich mit diesem Preis überhaupt ernst?

Schlussendlich hatte ich zwei Preise, einen höheren und einen niedrigeren und konnte mich nicht entscheiden. Deshalb habe ich – und heute könnte ich mich darüber totlachen – ausgelost. Der günstigere Preis wurde es. Ich schrieb ihn hin, schickte das Angebot ab, konnte zwei Nächte lang nicht ruhig schlafen und hatte den Auftrag zwei Tage später in der Tasche. Im Nachhinein gesehen war ich zu günstig, aber das Erfolgserlebnis, gleich den ersten Auftrag an Land gezogen zu haben, hat mich unglaublich motiviert und schlussendlich war es dann nicht so tragisch, dass ich locker hätte mehr verdienen können.

 

Selbständigkeit: Der erste Pitch

Viele meine Kunden habe ich durch persönliche Weiterempfehlungen bekommen. Das ist meiner Meinung nach die schönste Form an neue Kunden zu kommen. Manchmal kommt es aber auch vor, dass ich von mir unbekannten Unternehmen angerufen und zu einem Pitch eingeladen werde. Meistens erzählt man mir dann kurz was man braucht oder schickt eine Anfrage plus Briefing per E-Mail. Bei einem persönlichen Termin stelle ich dann meine Ideen vor und lege anschließend ein Angebot. Als das das erste Mal passierte, war ich noch keine zwei Monate selbständig. Ich kannte den Ablauf aus meinem früheren Job, war aber trotzdem unglaublich nervös, als ich mit wackeligen Knien das Büro meines vielleicht zukünftigen Kunden betrat. Drei Männer in Anzug und Krawatte erwarteten mich bereits und ich war unheimlich froh, dass ich mich für einen dunklen Rock und eine weiße Bluse entschieden hatte.

Das Gespräch verlief eigentlich gut, nur hatte ich damals noch Probleme klipp und klar zu sagen was ich kann und welche Leistungen man von mir erwarten konnte. Auch habe ich mich ziemlich über gewisse Fragen geärgert: Wie alt sind die denn überhaupt? Welche Ausbildung haben Sie? Trauen Sie sich den Auftrag überhaupt zu? Damals habe ich zwar recht selbstbewusst geantwortet, heute bin ich aber viel souveräner, wenn wieder einmal solche Fragen kommen und nicht selten sind meine potenziellen Kunden überrascht, wenn ich Referenzen und Erfahrungen aufzähle. Manchmal kann es ein Fluch und ein Segen zugleich sein, wenn man um einiges jünger aussieht als man ist…

 

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Selbständigkeit: Das erste Mal eine Absage bekommen

„Vielen Dank, wir haben uns jedoch für eine andere Agentur entschieden.“ Den Satz zu lesen tut erstmal weh. Und ich würde lügen, wenn ich Absagen nicht auch immer ein wenig persönlich nehmen würde. Man fragt sich dann natürlich, was man falsch gemacht hat. Ob man zu teuer war. Warum man nicht überzeugt hat. Ich habe nach meiner ersten Absage ziemlich lange gegrübelt und versucht, den Fehler zu entdecken, den ich gemacht habe. 

Schlussendlich ist es aber wohl so, dass man nicht immer überzeugen kann. Manchmal liegt es an ganz anderen Dingen. Manchmal ist man auch einfach nur das Zweitangebot, weil es die Vorgaben so verlangen. Dann hat man von vorneherein keine Chance. Das weiß man aber natürlich nicht, grübelt und macht sich Gedanken. Inzwischen bin ich da relaxter und weiß auch, dass ich gar nicht alle Aufträge erfüllen kann. Für manche biete ich daher auch gar nicht mehr an bzw. sage nein, wenn ich kein gutes Gefühl dabei habe. Aufträge abzulehnen ist für mich zwar immer noch irgendwie unangenehm, aber es muss eben auch einfach sein, um die Qualität bei den bestehenden Kunden halten zu können.

 

Selbständigkeit: Das erste Mal Sozialversicherung bezahlen

Man arbeitet gefühlt Tag und Nacht, freut sich über jeden Euro, der am Konto eingeht und am meisten darüber, dass am Ende des Monats ein kleines Plus übrig bleibt. Und dann kommt da eines Tages ein weißer Brief mit grüner Aufschrift: Sozialversicherung. Ich habe ein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium, ich bin also nicht so dumm zu glauben, dass man als Selbständige keine Ausgaben hat. Allerdings schockt es mich immer wieder, wenn dieser Brief einmal im Quartal in der Post ist. Als ich meine Sozialversicherung damals das erste mal bezahlen musste, war das Plus am Konto ganz schnell wieder weg und der geplante Drucker-Kauf ziemlich schnell verschoben. Außerdem waren da plötzlich Existenzängste. Ich habe den Betrag mal vier gerechnet und die Zahl, die ich dann jährlich an die SV bezahlen musste, war ganz schön hoch.

Mit der Zeit habe ich dann natürlich Reserven und Rücklagen angelegt und ich weiß inzwischen genau, wann die SV mein Konto wieder um einige tausend Euro erleichtert. Trotzdem tut es jedes Mal weh. Auch meine Kunden, die ich auf dem Weg in die Selbständigkeit berate, sind immer wieder überrascht, welche Beträge da zusammenkommen.

 

Selbständigkeit: Das erste Mal krank sein

Ich bin selten krank. In meinem letzten Job hatte ich drei Krankheitstage in drei Jahren, ich hatte einfach Glück, nie mehr als eine Erkältung eingefangen zu haben. Im ersten Jahr meiner Selbständigkeit erwischte mich jedoch eine fiese Grippe mit Schnupfen, Husten, Halsschmerzen und Fieber. „Wenn du krank bist, kannst du nicht arbeiten. Wenn du nicht arbeiten kannst, verdienst du nichts.“ Wie ein dramatisches Mantra wiederholten sich diese Worte immer wieder in meinem Kopf. Ich holte mir mein MacBook ins Bett und versuchte E-Mails zu beantworten, mit höllischen Kopfschmerzen und laufender Nase. Wirklich arbeiten konnte ich nicht und am zweiten Tag musste ich das MacBook wieder aus dem Bett verbannen. Ich stellte eine automatische E-Mail Antwort mit der Info dass ich krank sei ein, und blieb erstmal zwei weitere Tage liegen.

Die Welt ging davon nicht unter und meine Kunden waren auch anschließend noch da. Allerdings ist krank sein für mich auch heute noch ziemlich unangenehm. Das Telefon läutet trotzdem, die Mails und Anfragen kommen immer noch rein und man selbst krächzt unverständlich in den Hörer und ist ausgeknockt. Der Großteil meiner Kunden versteht jedoch, dass krank einfach krank ist. Es gibt aber immer wieder welche, die trotzdem auf Deadlines bestehen und Druck machen. Wenn Stress und Geld im Spiel ist, vergisst man offensichtlich manchmal, dass wir alle nur Menschen sind…

 

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In meiner Selbständigkeit gab es bestimmt noch ein paar erste Male mehr. An einige erinnere ich mich wahrscheinlich gar nicht mehr, andere waren wiederum halb so schlimm. Bei manchen lächle ich im Nachhinein nur in mich hinein und frage mich, weshalb ich sie so tragisch genommen habe. Schlussendlich muss ich aber sagen, dass ich sehr froh bin, manche Fehler gemacht zu haben. Man kann sich nur verbessern, wenn man Fehler macht und daraus lernt. Und vieles ist mit ein paar Monaten oder Jahren Abstand überhaupt nicht mehr so schlimm, wie es im ersten Moment schien. Und ich glaube zu lernen, dass man manche Überraschungen auch einfach wegstecken kann ohne endlich zu grübeln, ist eine wichtige Lektion, die ich im Rahmen meiner Selbständigkeit gelernt habe.

 

Wie geht es dir mit solchen Dingen? Gab es für dich auch erste Male, die dich gefordert, geängstigt oder gefreut haben?

 

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12 comments

  1. Posts über Selbstständigkeit finde ich immer sehr interessant. Wie ist das beim Bloggen mit der Selbstständigkeit? Bisher weiß ich nur, dass du eine eigene Agentur hast. :-*

    viele liebe Grüße
    Melanie / http://www.goldzeitblog.blogspot.de

    1. Das freut mich, danke! Ich teile meine Zeit zwischen Agentur und Blog auf. Das eine greift ins andere. Manchmal habe ich mehr Zeit für den Blog, manchmal weniger. Ist es eventuell interessant auch mal etwas über Blogger-Selbständigkeit zu schreiben?

  2. Ein sehr interessanter Beitrag. Ich kann viele Dinge sehr gut nachvollziehen. Durch meinen Vollzeitjob habe ich vielleicht etwas weniger Ängste.

    1. Ich glaube, dass man auch wenn man angestellt ist oft in die Situation kommt, dass man vor etwas Angst hat oder man etwas zum ersten mal tut. Das kann genauso schwierig und fordernd sein wie in der Selbständigkeit. Zumindest war es bei mir damals so, als ich noch angestellt war. Ich glaube, da hast du es oft auch nicht ganz so leicht.

  3. Liebe Viktoria,
    ich denke mit Grauen ein mein erstes selbst geleitetes AC zurück, das ist mittlerweile gut 8 Jahre her. (Ich arbeite in einem HR-Department) Ich war so aufgeregt, dass ich die Nächte davor nicht schlafen konnte, ich habe mir immer wieder ausgemalt, was alles passieren kann, was ich alles falsch machen kann. Jetzt kann ich darüber lachen, aber damals, das fühlte sich gar nicht gut an und ich habe sogar überlegt, mir einen anderen Job zu suchen. Ich hatte Probleme bei dem Gedanken, über die Lebensträume von anderen Menschen zu entscheiden. Bei meinem ersten AC ist dann auch sehr viel schief gelaufen, eben weil ich so angespannt war. Danach hatte ich noch ein unangenehmes Gespräch mit meinem Chef, das aber vieles geklärt hat. Ich hätte damals einfach nur sagen müssen, dass es mir zu früh ist, ein AC zu leiten. Niemand wäre böse gewesen, jeder hätte es verstanden. Aber auch das braucht Mut. Jetzt habe ich den Mut zu sagen und zu tun, was gut für mich ist. Und ich kenne das Problem mit dem jünger aussehen als man ist. Ich bin 36 und werde regelmäßig 10 Jahre jünger geschätzt. Einerseits schmeichelhaft, andererseits wird mir nichts zugetraut und ich muss mich immer doppelt soviel erklären wie meine männlichen Kollegen.
    Liebe Grüße aus dem verschneiten Hamburg!

    1. Liebe Claudia,
      oh da kann ich mir sehr gut vorstellen, dass du unglaublich nervös warst. Ich finde es auch „spannend“, dass man sich manchmal einfach nicht traut zu sagen, dass man noch nicht bereit ist. Irgendwie hat man wohl oft das Gefühl, dass man das jetzt können muss. Ich finde es super, dass dir die Situation aber geholfen hat den Mut zu finden. Vielleicht muss man manchmal auch einfach ins kalte Wasser geworfen werden um etwas daraus (für sich) zu lernen. Meine Freundin sagt übrigens immer, wenn wir mal 50 sind freuen wir uns darüber, dass wir jünger aussehen. Dann beneidet uns jeder. Darauf hoffe ich. 🙂

  4. Das krank sein war mir beim ersten Mal auch mega unangenehm. Jeder Kunde hatte jedoch vollstes Verständnis und dann gab es einen einzigen, der am zweiten Tag schon nachfragte, wann ich denn denke, wieder gesund zu sein (was ich ja irgendwie unverschämt fand). Habe ich dann darüber informiert, dass wenn er den Auftrag so dringend braucht, ich dann leider absagen muss (hatte auch Grippe mit Fieber und allem drum und dran) und dass er sich dann jemand anderen suchen soll. Natürlich hatte ich das nett formuliert, mich entschuldigt, ihm aber auch klar gemacht, dass ich das nicht mit Absicht gemacht hätte und es auch mir unangenehm sei. 3 Tage später schrieb er mir zurück und verlängerte die Frist um 2 Wochen (!) mit dem Argument, wenn er sich jemand neuen suchen müsste, würde es wohl noch länger dauern, bis er sein Ergebnis hätte.
    Ich schrieb den Auftrag und habe ihn danach als Kunde aussortiert… Man lernt auch sowas, aber zum Glück war dies bisher mein erster „unangenehmer“ Kunde…

    1. Also ich finde es schon ein wenig krasse, dass der Auftrag dann gleich 2 Wochen warten kann. Aber das deckt sich auch mit meiner Erfahrung, die ich oft mache. Immer ist alles extrem dringend, muss sofort erledigt werden und kann überhaupt nicht warten. Ich bin jemand, der Deadlines absolut und immer einhält. Da muss schon wirklich was krasses dazwischen kommen, damit es nicht klappt. Umsomehr ärgert es mich dann, wenn Kunden mich „belügen“, die Deadline absichtlich nach vorne verschieben und so künstlich Stress erzeugen. Ich habe mir daher angewöhnt, solche Kunden auch „auszusortieren“. Schließlich muss die Arbeit ja auch noch Spaß machen und ich mag wirklich nicht einer Deadline nach der anderern hinterherlaufen…

  5. Oh sehr schöner Post. Ich bin zwar (noch) nicht selbstständig hatte im Job aber schon einige erste Male. Ich kann ich noch gut an meinen ersten Kundentermin erinnern. Da bei uns eigentlich die meisten Kundengespräche vom Chef geführt werden, ist es immer noch nicht Alltag. Trotzdem war ich beim letzten Meeting schon viel weniger nervös. 🙂

    Liebe Grüsse
    Sylvia
    http://www.mirrorarts.at

    1. Das glaube ich dir auf jeden Fall. Auch im Job gibt es sicher ganz viele erste Male, die unangenehm sein können. Da ist es ja eigentlich auch nicht anders und ich erinnere mich noch an so manche Dinge, die mich damals in meinem Job auch nicht haben schlafen lassen. Aber es ist auch schön, wenn man ein bisschen gefordert wird. Das Gefühl, wenn man das Kundengespräch gut über die Bühne gebracht hat ist sicher toll, oder?

  6. toller beitrag – ich bin zwar nicht selbstständig aber mein mann -und was das kranheit angeht ist dei ihm total schlimm -kaum ein kunde versteht dies ….
    glg katy

    LA KATY FOX

    1. Irgendwie tut das „gut“ zu hören, dass es nicht nur mir bei meinen Kunden so geht. Gut finde ich es trotzdem nicht, denn man muss auch einfach mal krank sein dürfen, finde ich. Es lässt sich ja auch kaum vermeiden.

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